In einem System der Bezugsbetreuung findet jedes Kind einen festen Ansprechpartner für alltägliche Belange wie Grundausstattung bzgl. Kleidung, Zimmereinrichtung, schulische Angelegenheiten oder Arztbesuche. Darüber hinaus erfolgt die Biografiearbeit zusammen mit dem Bezugsbetreuer. Es finden regelmäßige Bezugsbetreuernachmittage statt, in denen den Kindern und Jugendlichen bedarfsgerecht Zeit alleine mit seinem Bezugsbetreuer eingeräumt wird. Im Rahmen der Möglichkeiten werden die Interessen und Talente aller Kinder höchst individuell gefördert. Um auch dem jeweiligen Jugendamt, den Eltern, der Schule und/oder den Ärzten eine Zusammenarbeit zu erleichtern, ist der Bezugsbetreuer für ebensolche Kontakte zuständig fungiert als fester Ansprechpartner. Zudem fallen in seinen Zuständigkeitsbereich die Erhebung von Entwicklungsberichten oder die Teilnahme an Hilfeplangesprächen.
Bezugsbetreuungssystem
Soziale Einzelfallhilfe
Die Soziale Einzelfallhilfe ist sehr breit gefächert und in vielen verschiedenen Varianten und Formen einsetzbar. Sie konzentriert sich individuell auf das Kind oder den Jugendlichen und lokalisiert die Probleme in dem Individuum selbst. Dabei wird das Augenmerk auf die problematische Lebenslage und deren Verbesserung gelegt. Dies geschieht auf Sicht mittels Einstellungs- und Verhaltensänderung.
Eine besonders wichtige Rolle innerhalb des Hilfeprozesses ist die Beziehung zwischen dem Kind und dem Bezugsbetreuer. Die Kinder haben bei der Bearbeitung ihrer Problemsituationen einen vertrauensvollen Ansprechpartner mit einer intakten Beziehung. Zusammen kann dann in vielen Kontexten im Sinne der Sozialen Einzelfallhilfe gearbeitet werden.
Gemeinwesenarbeit
Die Gemeinwesenarbeit beteiligt die Menschen, die beispielsweise in einem Stadtteil zusammenleben und orientiert sich an deren Wünschen. Eine besondere Aufgabe der Gemeinwesenarbeit ist die Vernetzung zwischen den Menschen und den der unterschiedlichen Einrichtungen.
Auch aus diesem Grund ist die Gemeinwesenarbeit für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe besonders wichtig. Daher nehmen die Kinder und Mitarbeiter des Hauses Patria an unterschiedlichen Gemeinde- und Vereinsaktionen teil. Beispiele hierfür sind: Schulhöfe gemeinsam mit vielen anderen Kindern und Elternteilen von Müll befreien, Spendenläufe der Gemeinde, Teilnahme an den örtlichen bzw. dörflichen Veranstaltungen und Ritualen usw.. Dadurch konnten wir in der Vergangenheit Barrieren verhindern und Vorurteile vermindern, so dass diese Tätigkeit ein fester Bestandteil geworden ist.
Gruppentraining Sozialer Kompetenzen
Wir bieten den Jugendlichen (ab 14 Jahren) ein Gruppentraining Sozialer Kompetenzen (GSK) an, bei dem „schwierige Alltagssituationen“ geübt werden. Mittels einer Video-Feedbackmethode reflektieren wir Rollenspiele innerhalb der Gruppe. Bei dieser Methode erledigen die Kinder zusätzlich Hausaufgaben, in denen soziale Interaktionen geübt werden müssen (z.B. einen Unbekannten nach einem Cafe in der Nähe fragen). Diese Methode nutzen wir auch zum Zwecke der Verselbstständigung und bringen die Jugendlichen in Situationen, die für sie unangenehm sein könnten, welche sie aber in ersten Zügen auf das „Erwachsenen-leben“ vorbereitet.
Empowerment
Das Empowerment ist nicht als eine Methode zu verstehen, es stellt vielmehr ein Handlungskonzept der Sozialen Arbeit dar, welches wir in unserer Arbeit umsetzen. Es findet eine Auseinandersetzung mit den Stärken und Kompetenzen der Kinder statt, die vorhanden sein sollten, um soziale Schwächen zu rekonstruieren. Das Empowerment selbst ist ressourcen- und nicht defizitorientiert. Das Ziel des Empowerments ist die bzw. eine allgemeine Herstellung von Selbstbestimmungen im persönlichen alltäglichen Leben. Die Kinder werden also dahingehend unterstützt und gefördert, dass sie ihre Angelegenheiten selbstständig und zu ihrer Zufriedenheit regeln können. Schon durch den Einsatz des Empowerments kann auf eine gute Verselbstständigung unserer Kinder hingearbeitet werden. Zudem besagt das Konzept des Empowerments, dass jeder Mensch, auch in umständlichen Situationen, die passenden Ressourcen und Stärken in sich trägt und aktivieren kann, um sich zu orientieren und angemessen zu handeln.
Soziale Netzwerkarbeit nach Pantucek
Im Kinder- und Jugendhaus Patria nutzen wir die soziale Netzwerkarbeit. Im speziellen bedeutet das, dass das Beziehungsgeflecht zu verschiedenen Gruppen, Institutionen oder Personen, die in Bezug zu dem Kind stehen analysiert, genutzt, gestaltet und ausgeweitet wird. Das Ziel dieser Methode ist eine Optimierung der Unterstützungsnetzwerke, somit werden auch die eigenen Selbsthilfepotentiale aktiviert. Für jedes Kind werden Netzwerkkarten oder ggf. auch biografische Zeitbalken erstellt um die verschiedenen Beziehungsgeflechte zu visualisieren und anschaulich darzustellen.
Ressourcenorientierte Biografiearbeit
Die ressourcenorientierte Biografiearbeit stärkt autobiografische Kompetenzen, außerdem wird die Lebensgeschichte des Kindes wertschätzend rekonstruiert und integriert. Dadurch, dass die Kinder sich mit ihrer Lebensgeschichte beschäftigen, wird eine andere Wahrnehmung ihrer Selbst ermöglicht. Dieses geschieht durch eine absichtliche, bewusste sowie zielgerichtete und aktive Prozessgestaltung. Die Nutzung der Methode der ressourcenorientierten Biografiearbeit wird besonders durch Krisen und Wendepunkte veranlasst, die einen Bruch in dem bisherigen Leben erzeugt haben. Ein Kind oder Jugendlicher wird durch die Mitarbeiter (meist der Bezugsbetreuer) methodisch angeleitet und in seiner biografischen Selbstreflektion begleitet.
Die Biografiearbeit ermöglicht es, dass das Kind oder der Jugendliche den eigenen Lebensweg besser verstehen kann und ihn möglicherweise mit seinen Vor- und Nachteilen zu akzeptieren. So können sich neue Perspektiven für die Zukunft auftun, außerdem können auf diese Weise gute und angepasste Hilfen für das Kind gefunden werden.
Jugendhilfeplanung
Bei der Jugendhilfeplanung handelt es sich um einen Teilaspekt der Sozialplanung. Durch sie soll eine Versorgung des Kindes sichergestellt werden, welche perspektivisch abgestimmt ist. Dabei ist es grundlegend, positive Lebensbedingungen für die Kinder und Jugendlichen zu schaffen (§ 1 KJHG) und ein bedarfsgerechtes Jugendhilfeangebot zu gewährleisten (§ 19 KJHG).
Die Umsetzung dieses Auftrages findet sich in halbjährlichen Hilfeplangesprächen mit dem Jugendamt wieder. Zu diesen Gesprächen werden durch die Mitarbeiter des Kinder- und Jugendhauses individuelle Entwicklungsberichte verfasst, in denen die Bereiche der sozial emotionalen Entwicklung, der Gesundheitsfürsorge, der Familienpartizipation etc. erfasst und erläutert werden, um dann im Hilfeplangespräch den optimalen weiteren Weg für das Kind besprechen zu können.
Video-Interaktions-Diagnostik
In der Video-Interaktions-Diagnostik (VID) rückt das Kind durch Videoaufnahmen in den Fokus mit der primären Fragestellung: Was braucht das Kind/der Jugendliche? Diese zielt auf eine Verbesserung des Alltags ab. Im Vordergrund der Analysen steht das Kommunikations- und Interaktionsverhalten des Kindes in alltäglichen Situationen.
Da die Kinder und Jugendlichen häufig ein sehr geringes Selbstwertgefühl haben und kaum benennen können, welche Unterstützung sie benötigen, ist VID, sowohl für die Kinder und Jugendlichen als auch für das Team von Vorteil, hier die Potentiale zu erkennen. Die Kinder im Kinder- und Jugendhaus Patria werden regelmäßig mit Einverständnis in verschiedenen Situationen gefilmt, unter anderem in Hausaufgabensituationen, beim gemeinsamen Essen, sowie in Einzel- oder Gruppenkontakten. Anhand der Aufnahmen kann aufgezeigt werden, welche Erlebnisse die Kinder schon hatten, und wie man sie in den Situationen unterstützen und begleiten kann. In den meisten Fällen wird deutlich, dass sie von den Strukturen und den Regeln der Einrichtung profitieren, viel Sicherheit und einen geregelten Alltag und Vertrauen benötigen.
Die Sichtung der Videos erfolgt nicht lediglich im Team. Gemeinsam mit dem Kind werden einzelne Sequenzen angeschaut, anhand derer eigene Ressourcen vor Augen geführt und reflektiert werden können. Negative Aspekte werden dabei vollständig umgangen, da das Ziel der Methode ausschließlich ressourcenorientiert ist. Die Wahrnehmung für sich selbst wird so verbessert, der Klient erhält Lob der Mitarbeiter und kann positive Verhaltensweisen wiederholen.
Ebenso können Aufnahmen von Gruppensituationen erstellt werden, um die Gruppenidentität zu stärken, sowie Regeln und Rituale aufzustellen. Häufig werden die Aufnahmen auch dafür genutzt, um anderen Institutionen oder Kooperationspartnern das Verhalten des Kindes widerzuspiegeln und sich auszutauschen, Kooperationspartner stellen zum Beispiel Therapeuten, Jugendämter, SPFH oder die Schule dar. So werden positive Entwicklungen veranschaulicht und nachvollziehbar für Dritte dargestellt.